Stellar Blade ist ein verdammt gutes Spiel - und stellt sich mit EVE selbst ein Bein

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Kolumne Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Stellar Blade ist ein verdammt gutes Spiel - und stellt sich mit EVE selbst ein Bein
Quelle: Shift Up

Das Spiel mit der fast nackten Hauptfigur ist erschienen - und es ist so viel mehr als nur Fleischbeschau: The Game. Warum die Debatte um Stellar Blade in die falsche Richtung geht.

Ich verrate jetzt einmal ein Geheimnis. Bitte nicht weitersagen, ich verlasse mich da auf euch. Also fertig? Okay, dann sag ich es jetzt:

Stellar Blade (jetzt kaufen 69,99 € ) ist gut.

Ich finde sogar: ziemlich gut. Unser Tester Stefan mochte es auch, ich bin der Mischung aus flüssiger Action, stimmiger Technik und etwas plakativ erzählter, aber recht spannender Story sogar noch mehr verfallen.

Das sind die Dinge, die Stellar Blade für mich ausmachen, hinzu kommen noch eine ordentliche Portion Abwechslung, überraschend umfangreiche Quality-of-Life-Features und einige andere Aspekte.

07:10
Stellar Blade | MEINUNG | Die nackten Tatsachen stehen sich selbst im Weg

Das EVE-angelium nach Stellar Blade

... Und dann ist da ja noch die Sache mit EVE, der Hauptfigur, und in geringerem Ausmaß mit weiteren weiblichen Figuren wie Lily. Aber vor allem halt EVE. Oder soll ich lieber sagen Hautfigur, weil EVE ziemlich viel Haut zeig- ach, ich lass' das mit den Wortspielen lieber.

Jedenfalls, EVE ist, je nach Outfit in unterschiedlichem Ausmaß, aber eigentlich immer, ziemlich nackt. Und nicht nur das, dank "realistischer" Körperphysik, und setzt dieses "realistisch" bitte zwischen die größten Anführungszeichen, die ihr euch vorstellen könnt, wobbelt und wabert es an EVEs Körper fröhlich herum, dass jeder Wackelpudding vor Neid, äh, wackelt.

LIly aus Stellar Blade Quelle: Shift Up Diese überzogene Sexualisierung der Hauptfigur macht Stellar Blade nicht aus. Und sie macht Stellar Blade absolut aus.

Auch ohne Hintern ziemlich gut

Was ich damit meine: Im Spiel selbst ist EVEs Gestaltung kein wesentlicher Faktor. Ja, die freizügigen Klamotten sind einer der primären Sammelgegenstände, und ja, bei manchen Kamerafahrten in Zwischensequenzen schickt man kleine Kinder dann doch lieber aus dem Zimmer.

Aber abseits davon ist's halt relativ billig-plakative Effekthascherei, und die meiste Zeit verbringt man dann doch eher mit den wahren Qualitäten des Spiels, als angesichts virtueller Schenkel zu gafern. Ist halt wie bei Nier, vor allem bei Nier Automata, dem Spiel, das in jeder Hinsicht mehr als nur eindeutig Pate bei der Gestaltung von Stellar Blade gestanden hat.

Dort ist die Hauptfigur auch halb nackt, primär aus Gründen des "weil es so ist", und Stellar Blade geht den gleichen Weg, nur halt, wie auch in manchen anderen Aspekten, etwas plumper.

Eve posiert in einem figurbetonten Outfit vor der Kamera. Quelle: Shift Up

Und wenn Nier von der Klippe springt ...

Nier Automata ist nicht deswegen ein tolles Spiel, weil die dortigen Heldinnen 2B und A2 nackig herumhelden. Stellar Blade ist nicht deswegen ein tolles Spiel, weil EVE im Schlüpfer schnetzelt. Sie sind aber auch nicht trotz dieses Umstandes gut, das würde zu weit führen.

Ich persönlich bräuchte diese Softporno-Parade wirklich nicht und sie ist natürlich mit Blick auf den inhärenten Sexismus nicht unproblematisch. Meine Kollegin Toni hat da vor einiger Zeit mal einen sehr smarten Meinungbeitrag dazu geschrieben, ich empfehle dringend, ihn zu lesen.

Mir als Cis-Mann steht es nicht zu, zu sagen "das ist oder ist nicht sexistisch", da gibt es anderen Menschen, deren Meinungen im Gegensatz zu meiner relevant sind. Nein, ich bleibe lieber beim Spiel selbst, und unabhängig des Kerns der potenziellen Nackedei-Problematik sehe ich ihre negativen Auswirkungen an anderer Stelle: bei der Einordnung der Qualität des Spiels an sich.

Verschobene Debatte

Denn, ich habe es zu Beginn schon gesagt: Stellar Blade ist ein ziemlich gutes Ding, und jetzt, wo es erschienen ist, geht's in der Besprechung des Spiels schon auch um Gameplay, Worldbuilding, Kampfsystem und so weiter. Mit Betonung auf auch.

Und im Vorfeld? Nun, in den letzten Monaten der intensiven Bewerbung und spätestens seit dem Release der Demo war Stellar Blade vor allem eines: das Spiel mit der Busenfrau. Hat irgendjemand ernsthaft über das Spiel geredet mit Blick auf, nun, den Spiel-Part? Wohl nur in homöopathischen Dosen.

Bildergalerie

Nein, da ging es um die Pöter-Physik und die eiserne Verteidigung des eigenen Standpunktes: In der einen Ecke des Rings die Gruppe derer, die die sexistische Gestaltung kritisieren, in der anderen Ecke die im Affekt aufgeweckten "jetzt erst recht!"-Schreier, die den Untergang der Zivilisation daran festmachen, dass nicht jede Spielfigur wie EVE aussieht und im Internet allen sagen, dass man nichts mehr sagen darf.

    • Kommentare (103)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von dre9001 NPC
        Hmm, ich kann den Autor auf der einen Seite schon gut verstehen, aber bei einem Punkt muss ich widersprechen:
        Stellar Blade wird mir definitiv nicht nur wegen EVEs Körper in Erinnerung bleiben, auch wenn ich manche Outfits in bestimmten Szenen noch sehr lange im Kopf haben werde.
        Was mir aber sonst noch in Erinnerung bleiben wird:

        Der Soundtrack des Spiels. Absolutes Meisterwerk. Ich habe unzählige Minuten einfach nur in Xion verbracht und dem Song zugehört. Oder auch die Musik bei bestimmten Bosskämpfen. Genial.

        Die Bosskämpfe. Damit meine ich nicht nur die Herausforderung und die Mechaniken selbst, sondern auch das Design. Speziell Karakuri und Demogorgen und auch der Bosskampf des "Bad Endings". Und den finalen Kampf des "Good Endings" werd ich auch nicht so schnell vergessen, so oft, wie der mir meinen Hintern versohlt hat.

        Die Welt, die Geschichte und die Stimmung. Jedes Mal, wenn man einen Körperkern oder eine BE-Verstärkung gefunden hat und EVE das Gebet aufgesagt hat (
        oder eben aus Zweifel an Mother Sphere gegen Ende keine Lust mehr hat, zu beten), hat man mit EVE mitgefühlt. Die Nebenquests um Kaya oder Enya waren unglaublich gut. Clyde. Ein simpler, aber doch genialer NPC. Und noch so einige weitere Dinge, die aber zu viele Spoiler enthalten könnten.

        Fand ich das Spiel perfekt? Nein, definitiv nicht. Unskipbare Cutscenes in einem Spiel mit 3 Endings ohne manuelle Speichermöglichkeiten sind heutzutage eine Zumutung. Die Interaktionen mit Objekten sind unnötig präzise, man muss sich ständig wegen einem kleinen Schritt umplatzieren, was vor allem im Wasser sehr nervig ist. Die automatische Interaktion mit Leitern/Seilen hat leider auch nicht immer so funktioniert, wie sie sollte. Ich hoffe, dass an diesen Punkten in einem möglichen Nachfolger geschraubt wird.

        Aber alles in allem war es ein sehr gutes Spiel, bei welchem ich seit langem mal wieder Spaß daran hatte, mir die Platin Trophäe zu erarbeiten. EVE ist eine super sympathische Hauptcharakterin, die zwar aufgrund Ihres Körpers natürlich oft sexualisiert wird und ja, auch ich habe natürlich die Aussicht sehr genossen. Aber sie ist viel mehr als das, was man vor allem dann sieht, wenn man sich auch um die Nebenquests kümmert und die offene Welt erkundet. Sie hat so viel mehr Persönlichkeit als 2B, so dass die einzige Gemeinsamkeit der knackige Hintern bleibt. Aber wie schon Nier Automata wird Stellar Blade die Spieler mit viel mehr begeistern, als nur einer sexy Protagonistin. Man muss sich nur auf das Erlebnis einlassen. FF7: Rebirth z. B. konnte mich da nicht abholen. Da bleibt mir nur eines in Erinnerung: Minigames.
      • Von dre9001 NPC
        Hmm, ich kann den Autor auf der einen Seite schon gut verstehen, aber bei einem Punkt muss ich widersprechen:
        Stellar Blade wird mir definitiv nicht nur wegen EVEs Körper in Erinnerung bleiben, auch wenn ich manche Outfits in bestimmten Szenen noch sehr lange im Kopf haben werde.
        Was mir aber sonst noch in Erinnerung bleiben wird:

        Der Soundtrack des Spiels. Absolutes Meisterwerk. Ich habe unzählige Minuten einfach nur in Xion verbracht und dem Song zugehört. Oder auch die Musik bei bestimmten Bosskämpfen. Genial.

        Die Bosskämpfe. Damit meine ich nicht nur die Herausforderung und die Mechaniken selbst, sondern auch das Design. Speziell Karakuri und Demogorgen und auch der Bosskampf des "Bad Endings". Und den finalen Kampf des "Good Endings" werd ich auch nicht so schnell vergessen, so oft, wie der mir meinen Hintern versohlt hat.

        Die Welt, die Geschichte und die Stimmung. Jedes Mal, wenn man einen Körperkern oder eine BE-Verstärkung gefunden hat und EVE das Gebet aufgesagt hat (
        oder eben aus Zweifel an Mother Sphere gegen Ende keine Lust mehr hat, zu beten), hat man mit EVE mitgefühlt. Die Nebenquests um Kaya oder Enya waren unglaublich gut. Clyde. Ein simpler, aber doch genialer NPC. Und noch so einige weitere Dinge, die aber zu viele Spoiler enthalten könnten.

        Fand ich das Spiel perfekt? Nein, definitiv nicht. Unskipbare Cutscenes in einem Spiel mit 3 Endings ohne manuelle Speichermöglichkeiten sind heutzutage eine Zumutung. Die Interaktionen mit Objekten sind unnötig präzise, man muss sich ständig wegen einem kleinen Schritt umplatzieren, was vor allem im Wasser sehr nervig ist. Die automatische Interaktion mit Leitern/Seilen hat leider auch nicht immer so funktioniert, wie sie sollte. Ich hoffe, dass an diesen Punkten in einem möglichen Nachfolger geschraubt wird.

        Aber alles in allem war es ein sehr gutes Spiel, bei welchem ich seit langem mal wieder Spaß daran hatte, mir die Platin Trophäe zu erarbeiten. EVE ist eine super sympathische Hauptcharakterin, die zwar aufgrund Ihres Körpers natürlich oft sexualisiert wird und ja, auch ich habe natürlich die Aussicht sehr genossen. Aber sie ist viel mehr als das, was man vor allem dann sieht, wenn man sich auch um die Nebenquests kümmert und die offene Welt erkundet. Sie hat so viel mehr Persönlichkeit als 2B, so dass die einzige Gemeinsamkeit der knackige Hintern bleibt. Aber wie schon Nier Automata wird Stellar Blade die Spieler mit viel mehr begeistern, als nur einer sexy Protagonistin. Man muss sich nur auf das Erlebnis einlassen. FF7: Rebirth z. B. konnte mich da nicht abholen. Da bleibt mir nur eines in Erinnerung: Minigames.
      • Von Worrel Spiele-Guru
        Zitat von Khaos-Thanathan
        Das, was mit dem Wokeness-Zeitgeist bricht, ist der Umstand, dass Eve attraktiv ist.
        Das "Problem" dabei: Ist sie aber nicht.

        Wackelpudding-Brüste und Glanzhintern, die eher an ein Bodypainting erinnern als eine Rüstung einer Nahkämpferin(!) wirken auf mich extremst billig, was mich vermuten lässt, daß das entweder auf die Mitglieder der Pubertätsteilnehmenden Zielgruppe zugeschnitten sein soll oder daß die Figurendesigner an chronischem Samenstau leiden.

        In einem futuristischen Beachvolleyball Setting würde das ja noch Sinn machen, aber bei einem Charakter, der gegen derartige Wesen wie im Spiel kämpft ...?

        Ich finde Darstellungen wie diese(!) von gewollt sexy Figuren mit Bodypainting-"Rüstungen" und -Kleidung jedenfalls eher abstoßend als antörnend.
      • Von xaan Spiele-Kenner/in
        Zitat von ChaosCreator
        Hier teile ich das, was [Ins Forum, um diesen Inhalt zu sehen] geschrieben hat.
        So einfach ist das nicht. Fahre ich mal fix nach Österreich und kaufe dort ein Spiel, dass es hier nicht „uncut“ gibt, weil „zensiert“, dann ist das „ohne Strafe“. Und doch ist und bleibt es hier zensiert. (Dead Island 2 zum Beispiel)
        Ergo: Straffreiheit ist eben nicht gleichbedeutend mit freiem Zugang und somit ohne Zensur.
        Mit straffrei meine ich, dass dort, wo man lebt, das Produkt sowohl verbreitet als auch konsumiert werden kann, ohne dass Verkäufer oder Käufer eine Strafe droht. Damit ist nicht gemeint, dass es auch angeboten werden muss.

        Denn: gibt es hundertausende Produkte, die in Deutschland nicht zu haben sind, weil die Hersteller schlicht nicht wollen. Nicht wollen und nicht dürfen ist allerdings ein ganz entscheidender Unterschied für die Frage nach Zensur.
      • Von MarcHammel Spiele-Kenner/in
        Zitat von Khaos-Thanathan
        Diese Aussage wird, nur, weil du und andere sie permanent wiederholen, nicht wahr. Stellar Blade entspringt der Gattung von Spielen wie DMC und Bayonetta, in denen stark stilisierte Charaktere die Norm sind und in denen nicht nur Frauen, sondern auch Männer stark stilisiert dargestellt werden. Auch männliche Charaktere wie Dante oder Vergil sind unrealistisch attraktiv. Ist das in einem Kunstmedium wie dem Videospiel ein Problem? Auf keinen Fall.
        Das klingt jetzt irgendwie nach "Ist halt so. Also laber nicht". Kann mich da jetzt aber auch irren.

        Nur weil's die Norm in solchen Games ist, heißt das doch nicht, dass man es nicht kritisieren darf. Wir haben ja nun beileibe etliche Normen, die hintergefragt gehören. So ziemlich jedes Medium, das unrealistische und damit unerreichbare Schönheitsideale präsentiert, kann infrage gestellt werden. Und gerade WEIL Videospiele ein Kunstmedium sind, darf darüber diskutiert werden. Dass man darüber diskutiert, das macht Kunst ja auch aus. Videospiele sind aber auch nicht nur ein Kunstmedium, sondern auch ein Massenmedium. Videospiele sind keine Nische mehr und damit fällt den Entwicklern natürlich auch eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung zu, wie ich finde. Weil Medien nun mal Einfluss auf uns haben.

        Zitat von Khaos-Thanathan
        Dazu kommt: Ironischerweise kann man das "best ending" von Stellar Blade als super-feministisch bezeichnen. Eve ist ein ausnahmsweise sehr gut geschriebener "strong female character" und kann richtig "badass" sein.
        Es geht um die visuelle Darstellung. Nicht darum, wie ihr Charakter gezeichnet ist.

        Zitat von Khaos-Thanathan
        Das, was mit dem Wokeness-Zeitgeist bricht, ist der Umstand, dass Eve attraktiv ist. Ich verstehe zwar, dass wir davon wegkommen sollen, Hässlichkeit zu dämonisieren, aber: Ist die Dämonisierung von Attraktivität hierzu wirklich der richtige Weg oder nicht einfach genauso dämlich?
        1. Wie schon mehrfach hier gesagt, ist Attraktivität eine rein subjektive Sache. Ich kann auch Aloy oder Lara Croft (ab dem 2013er-Reboot) als attraktiv bezeichnen. Das sind aber völlig andere Typen als Eve. An denen ist aber auch nichts sexualisiert. Das sind durchaus hübsche Charaktere aber eben auch keine unrealistischen Charaktere. Sie sind visuell glaubhaft und da liegt der Fokus nicht auf den Hintern oder wippende Brüste.

        2. Du denkst ganz schön in Extremen, finde ich. Entweder Attraktivität oder Hässlichkeit. Dazwischen gibt es aber auch noch was und das macht den Großteil der Menschheit aus. Die wenigsten Menschen sind "hässlich". Aber kein einziger Mensch - also wirklich NICHT einer - sieht so glattgebügelt aus, wie Figuren wie Eve. Jedenfalls nicht ohne Photoshop.
      • Von ChaosCreator Anwärter/in
        Zitat von ssj3rd
        Ich bin da schon immer modern unterwegs gewesen wie es scheint:
        Ich hasse alles und jeden der attraktiver ist als ich und das ist nun mal bei einem Großteil der Leute der Fall :-D
        Also bei mir ist das so:

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